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Vorlage - BV-2022/2050
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Beschlussantrag:
Die Gemeindevertretung der Gemeinde Ahrensfelde beschließt, das Beteiligungsverfahren der Gemeinde Ahrensfelde an der Werneuchener Wohnungsbaugesellschaft gem. §§ 91 ff. BbgKVerf mit folgenden Maßgaben zu beginnen:
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Begründung / Erläuterung:
Allgemeines:
Die Gemeindevertretung hat die Verwaltung beauftragt (Vorlage FV-2021/0918), Vorverhandlungen mit Wohnungsbaugesellschaften zur Übernahme der gemeindlichen Mietwohnungen im Wege einer Beteiligung zu führen.
Aufgrund des Interesses der Werneuchener Wohnungsbaugesellschaft (WBG) an einer solchen Beteiligung wurde die Verwaltung nochmals beauftragt, intensivere Vorgespräche zu führen mit dem Ziel, die Rahmenbedingungen und das Verfahren einer Unternehmensbeteiligung zu klären.
Diese Vorgespräche sind nunmehr abgeschlossen. Auch mit der Kommunalaufsicht wurde bereits der rechtliche Rahmen und das notwendige Verfahren einer solchen Beteiligung besprochen.
Das Verfahren ist in den §§ 91 ff. BbgKVerf geregelt.
Bei der Beteiligung an der WBG handelt es sich kommunalrechtlich gem. § 92 Abs.2 Nr.4 BbgKVerf um eine Unternehmensneugründung.
Punkt 1:
Gem. § 91 Abs. 2 Satz 1 BbgKverf darf sich eine Gemeinde zur Erledigung von Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft wirtschaftlich betätigen. Dies sind im Sinne des Art. 28 Abs. 2 GG diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben, die also den Gemeindeeinwohnern gerade als solchen gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben und –wohnen der Menschen in der Gemeinde betreffen (BVerfG B.v. 23.11.1988).
Dies dürfte bei einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft unzweifelhaft der Fall sein. Die Schaffung und Bereitstellung von Wohnraum wird üblicherweise als eine eigene Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft verstanden, zu deren Erledigung sich zahlreiche Kommunen eines
kommunalen Unternehmens bedienen.
Die wirtschaftliche Betätigung ist jedoch nur zulässig, wenn
- der öffentliche Zweck dies rechtfertigt, wobei die Gewinnerzielung allein keinen ausreichenden öffentlichen Zweck darstellt, und
- die Betätigung nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der Gemeinde und zum voraussichtlichen Bedarf steht.
Es ist somit zunächst erforderlich, dass der öffentliche Zweck die wirtschaftliche Betätigung rechtfertigt. Damit wird die Kommunalwirtschaft auf Gemeinwohlbelange festgelegt. Das
Wohnungsbauunternehmen muss Zielsetzungen verfolgen, die aus der Verpflichtung der Kommune zur Förderung des gemeinsamen Wohls ihrer Einwohnerinnen und Einwohner zu rechtfertigen sind. Der Zweck eines kommunalen Wohnungsunternehmens ist regelmäßig die Errichtung und Vermietung von Wohnraum für breite Schichten der Bevölkerung, insbesondere für Menschen mit geringem oder mittlerem Einkommen. Dieses Ziel dient unzweifelhaft Gemeinwohlbelangen und soll Bedürfnisse der eigenen Einwohner erfüllen. Als weitere Unternehmenszwecke können u. a. hinzutreten: städtebauliche Maßnahmen oder solche der Stadtentwicklung, Klimaschutzmaßnahmen oder Aufgaben im Rahmen von kommunalen Klimaschutzplänen wie z.B. die energetische Ertüchtigung öffentlicher Gebäude sowie die Errichtung und Bewirtschaftung kommunaler Infrastruktur wie Kitas, Schulen oder sonstige öffentliche Gebäude. All diese möglichen Unternehmenszwecke dienen ausschließlich
der Wahrnehmung einer sozial-, gemeinwohl- und damit einwohnernützlichen Aufgabe im Sinne einer öffentlichen Zwecksetzung.
Die zweite Voraussetzung für die Gründung und den Betrieb eines kommunalen Wohnungsbauunternehmens ist, dass das Unternehmen nach Art und Umfang in
einem angemessenen Verhältnis zu
a) der Leistungsfähigkeit der Kommune und
b) zum voraussichtlichen Bedarf steht.
Sinn und Zweck dieser Regelung ist der Schutz der Kommune vor Tätigkeiten, die ihre Verwaltungs- und Finanzkraft übersteigen sowie in der Vermeidung von Überkapazitäten auf dem örtlichen Angebotsmarkt.
Dieser Punkt ist vor allem dann besonders intensiv zu betrachten, wenn es sich um die Neugründung einer Wohnungsbaugesellschaft handelt, mit dem Ziel zusätzlichen Wohnraum in Größenordnungen zu schaffen. In diesen Fällen bedarf es nämlich zunächst einer umfangreichen Ausstattung der neuen Gesellschaft mit Personal, Eigenkapital und ausreichend Bauland zur Realisierung der geplanten Vorhaben.
Im vorliegenden Fall soll jedoch lediglich eine Beteiligung der Gemeinde an einer bereits bestehenden Wohnungsbaugesellschaft erfolgen. Dazu sollen diverse Bestandsimmobilien in die Gesellschaft eingebracht, von dieser unterhalten und bewirtschaftet werden.
Da sich die entsprechenden Immobilien bereits heute im Eigentum der Gemeinde und somit auch „am Markt“ befinden, wird diese bloße Verlagerung in eine Wohnungsbaugesellschaft keine weiteren Auswirkungen auf den Bedarf in der Gemeinde haben.
Da auch die Entwicklung von Bauland und der Bau von Wohnungen durch die Gesellschaft geplant sind, ist natürlich der zukünftige Bedarf bei jeder Investitionstätigkeit der Gesellschaft zu prüfen und zu ermitteln. Aufgrund der Lage der Gemeinde an der Berliner Stadtgrenze und der dynamischen Bevölkerungs- und Baulandpreisentwicklung in der Region, ist jedoch davon auszugehen, dass es auch zukünftig einen sehr hohen Bedarf an kommunalen Wohnraum, insbesondere für niedrige und mittlere Einkommen, geben wird. Zunehmend wird auch Wohnraum für ältere Menschen benötigt. Bisher gab es in der Gemeinde einen vergleichsweise geringen Anteil von älteren Menschen an der Bevölkerung. Dieser Anteil steigt jedoch in den letzten Jahren kontinuierlich an.
Diesen Bedarf würde auch ohne die Beteiligung an einer Wohnungsbaugesellschaft die Gemeinde selbst decken müssen. Hinzu kommt, dass auch die Bestandsimmobilien der Gemeinde dauerhaft unterhalten werden müssen.
Es ist davon auszugehen, dass eine Beteiligung der Gemeinde an der Wohnungsbau-gesellschaft zudem langfristig auch positive Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit der Gemeinde hat. Zwar entfallen im Haushalt der Gemeinde die Erträge aus den Mieteinnahmen (ca. 325.000 €), im Gegenzug entfallen jedoch auch die Aufwendungen und Auszahlungen für Instandhaltungen, Sanierungen und die Wohnungsverwaltung (ca. 180.000 €).
In diesen Zahlen sind jedoch keine Auszahlungen für größere Sanierungsarbeiten enthalten. Die Gemeinde hat in den letzten Jahren zwischen 50.000 € und 100.000 € pro Jahr für Sanierungsmaßnahmen einzelner Wohnungen eingeplant. Grundsanierungen ganzer Wohnhäuser wären nochmals um ein Vielfaches teurer. Diese enormen Investitionen würden den Haushalt der Gemeinde erheblich belasten und wären nach aktuellem Stand der Haushaltslage ohne Kredite nicht zu finanzieren. Zudem muss die Gemeinde in anderen Bereichen der Daseinsfürsorge in den folgenden Jahren hohe Investitionen tätigen, so dass derzeit ohnehin fraglich wäre, ob die erforderlichen finanziellen und auch personellen Kapazitäten in der Gemeinde auf absehbare Zeit vorhanden wären.
Eine zusätzliche einmalige Belastung des Gemeindehaushalts wird sich durch die zusätzliche Bareinlage in die Gesellschaft ergeben. Durch das Einbringen der gemeindlichen Liegenschaften in das Vermögen der Wohnungsbaugesellschaft ist durch diese Grunderwerbssteuer zu entrichten. Diese Pflicht würde die Gesellschaft erheblich schwächen und Liquidität abziehen.
Die Beteiligung wäre somit sowohl vom öffentlichen Zweck, von der Leistungsfähigkeit der Gemeinde und auch vom Bedarf her sinnvoll und somit zulässig.
Ferner ist die sog. Subsidiaritätsklausel gem. § 91 Abs. 3 BbgKVerf zu beachten. Diese besagt, dass die Gemeinde im Interesse einer sparsamen Haushaltsführung dafür zu sorgen hat, dass Leistungen, die von privaten Anbietern wirtschaftlicher erbracht werden können, diesen Anbietern übertragen werden. Dazu sind Angebote einzuholen oder Vergleichsberechnungen vorzunehmen, die der Gemeindevertretung oder in den Fällen des § 50 Absatz 2 BbgKVerf dem Hauptausschuss vorzulegen sind. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, wenn die Gemeinde-vertretung oder in den Fällen des § 50 Absatz 2 BbgKVerf der Hauptausschuss eine wirtschaftliche Betätigung der Gemeinde im öffentlichen Interesse für erforderlich hält; die Entscheidung ist zu begründen.
Vorliegend ist die wirtschaftliche Betätigung wie bereits ausgeführt im öffentlichen Interesse erforderlich. Eine reine Veräußerung der kommunalen Wohnungen an private bzw. die völlige Überlassung des Wohnungsmarktes an Private würden der Gemeinde jegliche Einflussnahme auf die Gestaltung des Wohnungsmarktes entziehen. So könnte sie nicht mehr auf Änderungen des Bedarfes reagieren und hätte zudem keinen Einfluss mehr auf die Vorhaltung preiswerten Wohnraums.
Punkt 2:
Gem. § 92 Abs.3 Satz 3 BbgKVerf ist der örtliche Industrie- und Handelskammer vor der Beschlussfassung zur Unternehmensgründung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
Punkt 3:
Zur Bewertung der Gesellschaftsanteile und zur Abschätzung der anfallenden Steuerlast müssen die einzubringenden Immobilien gutachterlich bewertet werden. Dies gilt sowohl für die Immobilien der Gemeinde Ahrensfelde, als auch für die Bestandsimmobilien der Werneuchener Wohnungsbaugesellschaft. Diese Bewertung wird auch Grundlage für die Regelungen des Gesellschaftsvertrages.
Hinsichtlich des Gesellschaftsvertrages sind zudem nach der BbgKVerf noch weitere Punkte zu beachten, wie z.B. Regelungen zur Haftungsbegrenzung, zur Begrenzung von Einzahlungs- und Nachschussverpflichtungen, Begrenzungen zur Verlustübernahme, Sicherung eines angemessenen Einflusses usw.
Diese Punkte sind mit dem in der Gemeindevertretung zu beschließenden Gesellschaftsvertrag zu regeln. Der Inhalt des Gesellschaftsvertrages ist in den kommenden Monaten zwischen den Beteiligten auszuhandeln und spätestens mit der Beschlussfassung zum Unternehmensbeitritt der Gemeindevertretung vorzulegen.
Aufgrund der umfangreichen Begutachtung des jeweiligen Immobilienbestandes war ursprünglich davon auszugehen, dass die entsprechenden verbindlichen Beschlüsse zur Unternehmensbeteiligung in der zweiten Jahreshälfte 2023 gefasst werden können.
Die Beteiligung hätte dann zum 01.01.2024 wirksam werden können. Dieser Zeitplan wird sich nun voraussichtlich nach hinten verschieben.
Das Verfahren soll durch die Kommunalaufsicht des Landkreises Barnim eng begleitet werden. Gem. § 100 Abs.1 BbgKVerf ist die Beteiligung der Gemeinde an einem Unternehmen in privater Rechtsform der Kommunalaufsichtsbehörde unter Nachweis der gesetzlichen Voraussetzungen anzuzeigen. Insbesondere der Nachweis der gesetzlichen Voraussetzungen wird in Absprache mit der Kommunalaufsicht ggfs. noch vereinzelte Abwägungsbeschlüsse der Gemeindevertretung notwendig machen, welche dann in den kommenden Monaten beizubringen sein werden. Die kompletten Unterlagen und Beschlüsse müssen mit dem Gemeindevertretungsbeschluss zur Beteiligung an der Gesellschaft vorliegen.
Die Übersicht der potentiell einzubringenden Immobilien ist an dieser Stelle noch nicht final. Hier kann im Laufe des Entscheidungsprozesses auch in Absprache mit Werneuchen und der WBG noch entschieden werden, welche Immobilien sinnvoller Weise vielleicht noch nicht eingebracht werden. Gerade in Hinsicht auf die Höhe des Gesellschafteranteils und die Leistungsfähigkeit der Gesellschaft zur Entwicklung von Bauflächen kann hier auch eine Reduzierung bzw. Änderung sinnvoll sein. Diese Frage muss spätestens mit der Finalisierung des Gesellschaftsvertrages und den verbindlichen Beschlüssen entschieden werden.
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Verfasser | Fachbereichsleiter | Kämmerer | Bürgermeister |
Änderungen/Ergänzungen während des Gremiendurchlaufes:
Finanzielle Auswirkungen:
| Ja, in Höhe von €: zunächst Gutachterkosten für die Bewertung der Immobilien lt. Anlage; Kosten für die gemeinsame Erstellung eines Gesellschaftsvertrages
eingestellt unter: nicht eingestellt, da Beschlussfassung eigentlich für 2022 vorgesehen war. Deckung würde aus allgm. Deckungsreserve erfolgen. |
| Nein
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Anhörung/Beteiligung:
In dieser Angelegenheit ist gem. § 46 (1) der Kommunalverfassung für das Land Brandenburg (BbgKVerf) der Ortsbeirat anzuhören. |
Anlagen:
- Übersicht der potentiell einzubringenden Grundstücke und Gebäude
Anlagen: | ||||
Nr. | Name | |||
1 | Anlage_BV_2022-2050_Gemeindeeigene Grundstücke_27.04.2023 (16825 KB) |